Die Weisen aus dem Morgenland

Melchior: Ja, Sie haben richtig gesehen, wir sind es, die Sterndeuter aus dem Osten – aus Syrien und Persien.
Balthasar: Wir kennen uns aus mit den Sternen. Wir erforschen sie und wir orientieren uns an den Sternen. Wir sind angesehene Wissenschaftler in unserer Heimat. Damals zur Zeit der Zeitendwende entdeckte ich einen besonderen Stern am Himmel. Dieser neue Stern, strahlte viel heller als alle anderen Sterne. Und er bewegte sich anders als die anderen Sterne. Eine sehr besondere Beobachtung, ich wandte mich an meine Freunde, die ebenfalls die Sterne lesen. Auch sie hatten den Stern gesehen.
Casper: Ja genau, auch ich hatte das helle Licht am Firmament entdeckt. Gemeinsam dachten wir nach und berieten uns.
Melchior: Unsere Berechnungen und unsere Auseinandersetzung mit dem rätselhaften Stern ließen nur eine Erklärung zu: Den Juden wurde ein neuer König geboren, überaus groß und mächtig.
Casper: So schnell es ging, trafen wir unsere Reisevorbereitungen. Wir suchten kostbare Geschenke für diesen neuen König aus: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und bald brachen wir auf, um diesen neuen König zu huldigen und ihm unsere Geschenke zu bringen.
Melchior: Mit einem mächtigen König kann man sich nicht früh genug gut stellen, vielleicht gab es an seinem Hof einträgliche Beschäftigungen für so herausragenden Sterndeutern wie uns.
Balthasar: Unsere Reise gestaltete sich aber nicht so gewöhnlich wie unsere vorherigen. Der Stern zog vor uns her, wer wies uns quasi den Weg. Bis wir ihn kurz vor Jerusalem aus den Augen verloren.
Balthasar: Aber wir waren nicht besorgt. Jerusalem ist die Hauptstadt des Reiches und birgt in seinen Mauern einen Königspalast. Was lag näher als dort nach dem neuen König zu suchen.
Melchior: Aber dort wusste man nicht von einem neugeborenen König. König Herodes benahm sich schon sehr seltsam uns gegenüber. Aber er holte seine Gelehrten und diese konnten uns sagen, dass wir in Betlehem suchen sollten.
Caspar: Wie besorgt er sich zeigte, wir sollten ihm auf jeden Fall berichten, wo genau wir diesen neuen König gefunden hätten, damit auch er diesem huldigen kann. Habt ihr ihm das abgenommen?
Balthasar: Ehrlich? – Ich wusste es nicht so genau. Seine Worte an sich klagen einleuchtend, aber die ganze Art von Herodes und die Atmosphäre im Palast hinterließen Zweifel bei mir. Kein Wunder, das der Engel uns etwas später im Traum anwies, auf einem anderen Weg nach Hause zu reisen.
Melchior: Egal. Wichtiger war, was dann geschah. Wir sahen den Stern wieder und er zog leuchtend hell vor uns her. Er führte uns nach Betlehem. Eine kleine Stadt ganz in der Nähe von Jerusalem. Kein weiter Weg, wir waren schnell dort.
Balthasar: Und er führte uns nicht zu einem Palast sondern zu einem Stall auf den Feldern vor dem Ort. Dort lag das neugeborene Kind in einer Futterkrippe. Seine Eltern waren bei ihm.
Caspar: Kein Palast, kein großes Tamtam. Ein kleines Kind in ärmlicher Umgebung.
Balthasar: Und doch wussten wir sofort, wir sind am Ziel, das ist der neugeborene König, den der Stern uns angekündigt hatte. Als wir ankamen wussten wir es. Trotz der unerwarteten Umstände.
Caspar: Es lag ein Frieden über dem Stall und dem Kind, seiner Mutter und ihrem Mann. Einfach unbeschreiblich – überirdisch – weltumfangend. FRIEDEN!
Melchior: Wir holten unsere Geschenke aus dem Gepäck und gaben sie dem neuen König. Seine Mutter schien überhaupt nicht überrascht und war sehr freundlich.
Balthasar: Soweit so gut, dies alles wurde auch von Lukas und Matthäus so aufgeschrieben. Aber alles andere haben sich die Menschen in den Jahrhunderten seitdem ausgedacht, haben sie als Erklärung weitererzählt.
Caspar: Aus den Sterndeutern aus dem Osten wurden irgendwann drei Könige. Drei bestimmt, weil drei eine besondere heilige Zahl ist und wir dem Jesuskind drei Geschenke machten. Könige vielleicht, weil diese Geschenke kostbar waren. Oder weil in den jüdischem Psalmen von Königen gesungen wird, die dem Herrn Geschenke bringen.
Melchior: Unsere Namen haben wir auch erst im Laufe der Zeit erhalten.
Melchior ist hebräisch und heißt „Mein König ist Licht“.
Caspar: Caspar kommt aus dem persischen und bedeutet Schatzverwalter.
Baltasar: Und Baltasar ist ein babylonisch- hebräischer Name. Er bedeutet so viel wie „Gott schütze sein Leben“.
Melchior: Passende Namen für Männer, die den König der Welt, den Sohn Gottes besuchen. Aber in Syrien gaben sie uns andere Namen und in Äthiopien und Armenien wieder andere.
Caspar: Aber die Menschen dachten sich noch mehr aus. Wir Weisen wurden nicht nur zu Königen, wir stehen auch für die verschiedenen damals bekannten Erdteile Afrika, Asien und Europa, also die gesamte Menschheit. Manche sehen uns auch als die Nachkommen der Söhne Noahs und damit als Stellvertreter für alle Menschen. Irgendwann wurden uns auch unterschiedliche Lebensphasen Jugend, Erwachsensein und Alter zugeordnet.
Melchior: Aber es ist eigentlich egal, welche Legenden um uns ersonnen wurden. Wichtig ist, dass dies alles den Kern unseres Besuches damals in Betlehem an der Krippe unterstreicht.
Caspar: Der Gott der Juden, der auch Gott für alle Menschen sein will, hat uns den Stern gesandt. Wir duften diesen neugeborenen König leibhaftig sehen. Und diesen unbeschreiblichen Frieden spüren und in unserem Herzen mitnehmen. Er lag wie ein Segen über meinem weiteren Leben.
Melchior: Und im Nachhinein machten auch unsere Geschenke Sinn.
Gold gebührt eben einem König. Eine würdige Ehrung des Kindes.
Baltasar: Der Weihrauch symbolisiert Reinigung, Verehrung und Gebet. Dadurch wurde die Gottheit Jesu betont.
Caspar: Und die Myrrhe ist nicht nur ein Heilmittel. Sie deutet bereits in den ersten Lebenstagen auf den Tod dieses Gottessohnes hin.
Balthasar: Eigentlich schön, dass wir auch heute nach so langer Zeit für Euch zur Krippe, zu der Weihnachtsgeschichte gehören. Und allein aus unserer Anwesenheit so viele kluge Gedanken entsprungen sind.
Melchior: Wir wünschen Euch, dass Eure Wege von besonderen Sternen erhellt werden,
Caspar: und Ihr in Eure Herzen diesen Frieden der Weihnacht spürt.

Wiltrud Siepenkothen

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