Bald ist es soweit

Es ist unglaublich, aber ausnahmsweise hast du mal Recht, Ochse. Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn hier heute Nacht kein Menschenjunges zur Welt kommt. Und neben den Mäusen, sollte ich hier im Stall diejenige mit der meisten Erfahrung sein. Schließlich habe ich schon unzählige Kätzchen zur Welt gebracht.
Die Zweibeiner haben vielleicht keine Erfahrung, aber glaube mir, wenn es los geht, wird die junge Frau wissen, was zu tun ist. Er wird unruhig, nervös und ängstlich im Stall auf und ab gehen, vielleicht auch mal kurz die Nerven verlieren, aber keine Angst, sie wird ihn wissen lassen, wenn sie ihn braucht. Alles was wir tun können, ist keine Panik zu verbreiten. Wir sollten für eine ruhige, entspannte Atmosphäre sorgen, Leute. Dann wird das schon. Außerdem habe ich das Gefühl, dass die beiden Zweibeiner nicht alleine sind. Seid mal ganz leise und hört zu, was die junge Frau sagt:

Herr,
du bist den weiten Weg von Nazareth nach Bethlehem mit uns gegangen.
Du hast uns geführt und begleitet,
und hast deine schützende Hand über uns gehalten.

Herr,
mit deiner Hilfe haben wir es bis hierher geschafft
und hier im Stall eine Bleibe gefunden.
Du wirst auch hier deine schützende Hand über uns halten.

Herr,
mit deiner Hilfe werde ich auch das schaffen, was jetzt kommt.
Ich werde ausruhen, durchatmen und Kraft sammeln
und deinen Sohn zur Welt bringen,
während du deine schützende Hand über uns hältst.

Habt ihr das gehört? Die Zweibeiner sind nicht allein. Sie haben doch einen guten Hirten dabei, der sie führt, begleitet und beschützt und dem sie zutiefst vertrauen. Man kann ihn zwar nicht sehen, aber er ist immer da und geht alle Wege mit, die diese Menschen gehen.
Mal ehrlich von einem solchen Hirten können wir doch nur träumen. Die Hirten der Schafe sind zwar nicht übel, aber so ganz vertraue ich diesen rauen Gesellen dann doch nicht.

Heike Nied

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